Ein norwegischer Seekapitän lebte mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in einem kleinen ländlichen Dorf direkt an der Küste. Die Familie besaß nicht viel, doch der Vater war in der nächsten großen Hafenstadt Kapitän eines großen Containerfrachters. So begab es sich also, dass er oftmals für lange Zeit nicht zu Hause war und seine Ehefrau also mit Sohn und Tochter in der Heimat zurücklassen musste, denn seine Reisen führten ihn in ferne Länder, egal ob Südamerika, der persische Golf und der ferne Orient, für dieses Leben hatte er sich entschieden und seine Familie unterstützte ihn dabei nach besten Kräften.
So zogen die Jahre ins Land und die Kinder wuchsen heran. Da die beiden nur 18 Monate trennte wurde sie langsam zu Teenagern, die auch langsam ihre eigene Leben zu entwickeln begannen. Eines Tages im späten Frühling, der Junge feierte gerade seinen 17. Geburtstag und war gerade mit seiner schulischen Ausbildung fertig, sagte er zu seinem Vater: „Du hast bereits die ganze Welt bereist. Du warst in Asien, Amerika und Afrika, aber wo ist dein Lieblingsplatz?“ Mit dieser Frage hatte der alte Seebär nicht gerechnet und musste überlegen. Nach einer kurzen Weile fing er laut an zu lachen, was seinen Jungen etwas irritierte. „Ich habe keinen fixen Lieblingsplatz, mein Sohn. Jeder Platz auf dieser Welt hat seinen eigenen Charme und alle sind einzigartig.“ Mit dieser Antwort schien der Sohn allerdings wenig zufrieden und antwortete darauf: „Aber irgendwo auf der Welt musst du dich doch am wohlsten fühlen?“
Das hörte seine Tochter, die vor kurzem ein Jahr als Aupair in Deutschland war, und sagte: „Ich habe gelernt, dass es in Deutschland am Rhein sehr schön sein soll.“ Der Vater überlegte und da kam ihm die Idee. „Welch Zufall, dass ich morgen zu einer neuen Reise aufbrechen muss und mich diese ausgerechnet auf den schönen Rhein schickt“, fing er an zu lachen. „Was haltet ihr davon, wenn ihr mich begleitet ? Mein Arbeitgeber wird schon sein OK dazu geben, wenn ihr nichts anstellt.“ Artig fragten die beiden ihre Mutter und diese gab dem fröhlichen Glanz im Augen ihrer Kinder nach und erlaubte es ihnen. Während der Vater sich das Einverständnis seiner Reederei holte, packten die Kinder eilig ein paar Sachen zusammen, denn am frühen Morgen sollte die Reise bereits los gehen.
Beide bekamen in der Nacht vor Aufregung kein Auge zu und so kam der Tag des großen Ablegens. So begann also die Reise in Richtung Deutschland mit dem großen Containerschiff. „Was haben wir eigentlich geladen, Vater“, fragten die Kinder neugierig als sie die Nordsee erreichten. „In unseren Containern haben wir die verschiedensten Waren für die Häfen in Rotterdam und Duisburg. Danach laden wir in Köln neue Container für die Heimat.“ entgegnete der Vater. Nachdem das Schiff die Nordsee passiert hatte und in Rotterdam die Hälfte ihrer Ladung gelöscht hatte, ging es nun über die inner ländlichen Seewege in Richtung deutscher Grenze. „Morgen erreichen wir Duisburg und löschen da den Rest der Ladung. Dann haben wir zwei Tage Ruhe, ehe es nach Köln weitergeht“, sagte der Kapitän beim zu Bett gehen seinen Kindern. „Weißt du Vater, ich würde gerne mal die schönste Stadt am Rhein sehen“, ließ der Sohn auf einmal einen leichten Seufzer los und schlief ein.
Der Vater aber lag noch etwas länger wach und dachte über die Worte seines Sohnes nach, er hatte nicht genug von Deutschland gesehen, um die schönste Stadt am Rhein alleine zu benennen, also entschloss er sich, am nächsten Tag die Verlademannschaft im Duisburger Hafen zu fragen. Dort im Morgengrauen angekommen, begann die Mannschaft die restliche Ladung zu löschen. Während dessen ging der Kapitän mit seinen Kindern ins Büro der Frachtfirma und fragte dort, was ihrer Meinung nach die schönste Stadt am Rhein wäre. Doch die Antworten, die er bekam, waren zu vielseitig und so gab es keine einhellige Meinung.
Als das Schiff wieder zum Auslaufen klar war, machte sich der Kapitän mit seinem Schiff auf die Reise den Rhein hinauf in Richtung Domstadt, diese wollte er seinen Kindern auf jeden Fall einmal zeigen. Doch kurz vor der Düsseldorfer Innenstadt machte ihm die Wasserschutzpolizei einen Strich durch die Rechnung. Es war langsam Abend geworden und die Beamten unterrichteten ihn, dass er doch für einige Stunden hier ankern müsste, da ein großes Volksfest mit Feuerwerk stattfinden würde und der Rhein deswegen nur für Passagierfähren freigegeben wäre, die Passagiere für das Feuerwerk beförderten.
Enttäuscht wollten die Kinder bereits in ihre Kojen verschwinden, als der Kapitän Befehl gab das Schiff an einer alten Anlegestelle zu ankern. Beim Abendessen bemerkten die Kinder allerdings ein dumpfes Wummern und ein Leuchten hinter den Bäumen, wo der Rhein einen Rechtsknick beschrieb. Sie eilten hinaus auf die Plattform vor der Brücke und sahen den Himmel in allen möglichen Formen und Farben leuchten. „Was ist das, lieber Vater ?“ fragte die Tochter sichtlich neugierig. Doch bevor der alte Seebär antworten konnte, kam ihm sein Sohn zuvor: „Das, liebe Schwester, ist der schönste Ort am Rhein“ Und so schauten sich der Vater und seine Kinder noch einige Minuten das Feuerwerk des Japan-Tag an und seitdem besuchen die Kinder alle 1-2 Jahre die Stadt Düsseldorf, immer zur selben Zeit im Mai.
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