1864: Die Entstehung der Ferd. Heye Glas-Fabrik
Als Ferdinand, Sohn des Kaufmanns Caspar Hermann, im Jahre 1864 die Ferd. Heye Glas-Fabrik gründet, ahnt er noch, dass sich diese Glasfabrik in den kommenden Jahrzehnten zu einer der größten Glashütten der Welt entwickeln würde. Zudem, dass seine Firma trotz heutiger Nicht-Mehr-Nutzung ein Wahrzeichen einer Stadt stellen würde, was heute, knappe 150 Jahre später noch steht.
Dennoch wollen wir diesen großen Zeitsprung durch die Jahrzehnte vorerst verschieben. Denn jede Erfolgsgeschichte hat irgendwann ihren Anfang und ihre Entwicklung genommen. So begab es sich, dass Ferdinand die Firma in den ersten 24 Jahren in Eigenverantwortung führte und das Unternehmen so zu erster wirtschaftlicher Blüte führte. Das Unternehmen wuchs und gedieh und konnte bereits im Jahr 1888 zu einer Aktiengesellschaft mit dem Namen „Actien Gesellschaft der G. Glashüttenwerke, vorm. Ferd. Heye Glas-Fabrik“ umfirmiert werden. 5000 Inhaber-Aktienpakete à 1000 D-Mark bildeten das Aktien-Grundkapital des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt.
Kurz vor der Jahrhundertwende verändert sich etwas in der Unternehmensführung
1889, also ein Jahr nach dem erfolgreichen Aktiengang seiner Firma, verstarb Ferdinand und übergab die Unternehmensführung an den ältesten seiner fünf Söhne, Hermann. Mit 23 Jahren wurde dieser nun Vorstandsmitglied und übernahm zwei Jahre später dann auch die Führung über die Gesellschaft. Im selben Jahr wurde durch die Initiative von Pauline, Ehefrau des Firmengründers Ferdinand, das „Ferdinandheim“ mit 60 Wohnungen für pensionierte Mitarbeiter gebaut.
Das 20. Jahrhundert beginnt mit einer großen Erfindung aus Übersee
1901 wurde in den USA die erste vollautomatisierte Flaschenblasmaschine, hergestellt durch den Amerikaner Michael Joseph Owens, in Produktion gebracht. Dies lies ein Raunen durch Europa gehen, denn damit würde der Beruf des Glasmachers in einigen Jahren großteils überflüssig werden. Um diesen Zustand zu verhindern gründete Hermann im Jahr 1907 den „Europäischen Verband der Flaschenfabriken GmbH“, um mit ihm die Patentrechte an der „Owens-Maschine“ für Europa aufzukaufen. Dies verhinderte eine große Massenentlassungswelle.
Die Flaschenherstellung wird stufenweise vollautomatisiert
Als Teil eines Stufenplanes begann Hermann die Produktion bis zum Jahre 1908 durch den Einsatz der Owens-Maschine zu automatisieren. Mit dem ersten Einsatz der Maschine erfolgte die Produktion der Flaschen, die später auch für namhafte Getränkehersteller verwendet wurden, nur noch vollautomatisch. Kein Mitarbeiter musste mehr einen manuellen Handschlag tun, wie zuvor. Bis zum Jahre 1941, erwuchs das Unternehmen zu einer extrem stattlichen Größe und war eine der größten Glashütten der Welt. Dies war zu vielen Teilen auch Hermann zu verdanken, dessen Verlust das Unternehmen im selben Jahr hinnehmen musste und so übernahm sein Schwiegersohn Niels die Geschäftsleitung als älteste Vorstandsmitglied.
Anfang der 1960er: Der Konzernumbau beginnt
Im Jahr 1959 wurde die Firma Owens-Illinois. aus Toledo im US-Bundesstaat Ohio, mit 50,1 % Mehrheitseigner und erlangte knapp 12 Jahre später die qualifizierte Mehrheit an den Aktien, was zu einer Umfirmierung im Jahr 1972 führte. Ende der 70er Jahre erlebte das Unternehmen eine finanzielle Talfahrt, was dazu führte. dass viele Betriebsinterne Sozialleistung mit sofortiger Wirkung drastisch gekürzt wurden oder sogar ganz wegfielen. Dazu gehörten auch die Mitarbeiterhäuser auf dem Firmengelände. Bis zum November 1985 lief die Produktion unter dem Mutterkonzern aus Übersee, bis dann die Westdeutsche Landesbank knapp 60 % der Aktien erwarb und so die Firma wieder konzernfrei machte. Zwischen 1990 und 1999 aber war die Firma VIAG Hauptanteilseigner, da man die Mehrheit der Aktien der West LB abkaufte.
Das neue Jahrtausend kommt, die Glashütte Gerresheim geht dahin
Insgesamt 6 Produktionsstätten der Firma wurden zum Jahrtausendwechsel verkauft und gingen so in die Hände des französischen Unternehmens BSN glasspack über, ihres Zeichens Tochter des Danone-Konzerns. Doch dieser behielt die Glashütte nicht lange, denn 2004 schluckte die Firma Owens-Illinois den französischen Konzern BSN glasspack und bekam so die Glashütte bis zu ihrer Schließung 2005 wieder in den Besitz. Nach 141 Jahren war also Schluss mit der größten Glashütte der Welt und das Areal wurde im Jahr 2009 zum Abriss freigegeben.
Ein großer weißer Zaun und der Turm mit dem gekrönten G – mehr bleibt nicht über ?
Seit 2009 sind nun die Abbruchmaschinen im Einsatz und seit 2014 werden diese durch Geländearbeiten ergänzt. Dabei wurde ein Luftschutzbunker entdeckt, in dem Produktionsarchive aller Glaswaren von 1956 bis 1974 entdeckt wurden. Diese werden heute durch Bodenarchäologen des Förderkreises Industriepfad geborgen und betreut. Deswegen ist das Gelände heute auch zwischen den Straßen der Stadt und der Bahnstrecke mit einem weißen Metallzaun weiträumig und undurchsichtig abgesperrt.
Wie sieht die Zukunft des heutigen „Glamacher-Viertels“ aus ?
Vieles dieser Zukunft hängt aktuell noch auf dem Zeichenbrett. Klar soll aber sein, dass ein Stadtteil im Stadtteil entstehen wird und so einen großen Teil gegen den Wohnungsmangel in der Stadt bringen soll. Als weitere klare Punkte kann man den Erhalt der drei denkmalgeschützten Gebäude des Areals sehen, dem Turm mit dem gekrönten G, einem Kesselhaus und der ehemaligen Elektrozentrale. Diese sollen als architektonische Denkmäler im neuen Städtebild erhalten bleiben.
Frisch ↔ Lange Verlassen
Einmal kurz durchwischen ↔ Morbider Charme
Vandalismus ↔ Natürlicher Verfall
Leere Räume ↔ Viel zu entdecken
Schöne Weitwinkelmotive
Detailaufnahmen
Außenaufnahmen
Persönliche Wertung
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