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Jugoslawische Botschaft

Die Botschaft, die nicht mehr besteht, aus einem Land, welches nicht mehr existiert… Für mich war das auf jeden Fall eine besondere Begehung. Immerhin handelte es sich hierbei um ein Stück Geschichte.
Genau genommen war es das ehemalige Kanzleigebäude der Botschaft, um welches es sich hier handelt.

Die Jugoslawische Botschaft im Wandel der Zeit

Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien gehörte zu den 18 Staaten, die bereits bis zum 1. April 1951 eine diplomatische Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland eröffneten. Die Kanzlei der Botschaft hatte ihren Sitz von Beginn an in diesem Ort, zunächst mit über das Stadtgebiet verteilten Standorten einzelner Abteilungen. Bis September 1954 zog sie in ein ehemaliges Hotel, das Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet worden war und im Zweiten Weltkrieg ein Notkrankenhaus beheimatet hatte.
Nachdem Jugoslawien am 15. Oktober 1957 die Deutsche Demokratische Republik völkerrechtlich anerkannt hatte, unterbrach die Bundesrepublik ihrerseits am 19. Oktober 1957 die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien. In der Folge nahm die Botschaft des als Schutzmacht für Jugoslawien auftretenden Königreichs Schweden vom bisherigen Standort der jugoslawischen Botschaft aus mit einer „Abteilung für die Wahrnehmung jugoslawischer Interessen in der Bundesrepublik Deutschland“ die Geschäfte für das Land wahr. Die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Jugoslawien erfolgte am 31. Januar 1968.

Am 29. November 1962 – dem jugoslawischen Nationalfeiertag – verübten 26 Angehörige kroatischer Emigrantenorganisationen, darunter der Kroatischen Kreuzer-Bruderschaft, einen Überfall und einen Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der jugoslawischen Vertretung, wobei der Hausmeister erschossen und das Gebäude unter anderem durch Brandstiftung beschädigt und verwüstet wurde. Die jugoslawische Regierung reagierte mit einem Protest und einer Forderung nach Schadensersatz. Der Anschlag löste eine Überprüfung und intensivere strafrechtliche Verfolgung der in der Bundesrepublik tätigen Emigrantenorganisationen aus, im März 1963 wurde die Kreuzer-Bruderschaft verboten und aufgelöst. Im März 1964 begann vor dem Landgericht Bonn der Prozess gegen die an dem Anschlag Beteiligten, die Urteile fielen am 25. Juni 1964.

Als sich die jugoslawische Regierung auf eine längere Präsenz am Regierungssitz Bonn einzustellen begann, plante sie Mitte der 1970er-Jahre einen Neubau der Botschaftskanzlei in unmittelbarer Nachbarschaft zum bisherigen Standort, des ehemaligen Hotels. Er entstand östlich und parallel zu diesem Gebäude als zweigeschossiger Stahlbetonbau mit einer Nutzfläche von 2.300 m² und einer Tiefgarage mit etwa 40 Einstellplätzen. Die Fertigstellung des Neubaus erfolgte 1978, anschließend wurde das bisherige Kanzleigebäude abgebrochen. Als Residenz der Botschaft, Wohnsitz des Botschafters, diente ab 1969 ein angemietetes Haus in Hanglage.

Nach Auflösung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien im April 1992 übernahm die aus Serbien und Montenegro neugebildete Bundesrepublik Jugoslawien das Kanzleigebäude der Botschaft, während Slowenien als weiterer Nachfolgestaat bis 1993 die bisherige Residenz des Botschafters erhielt.
Am 26. März 1999 brach die Bundesrepublik Jugoslawien aufgrund der deutschen Beteiligung an den Luftangriffen der NATO auf das Land die diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland ab. Die jugoslawischen Interessen in Deutschland wurden anschließend von der schwedischen Botschaft als Schutzvertretung mit einem Büro für den Schutz der Interessen der Bundesrepublik Jugoslawien vom bisherigen Standort der jugoslawischen Botschaft aus wahrgenommen; nach der Verlegung des Regierungssitzes nach Berlin 1999 verblieb dort zunächst eine Außenstelle des Büros, die nach Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland in eine Außenstelle der jugoslawischen Botschaft umgewandelt wurde. Seit der Schließung dieser Außenstelle steht das vormalige Kanzleigebäude der Botschaft leer, ein Verkauf des Grundstücks scheiterte bislang an den ungeklärten Eigentumsverhältnissen. 2017 beauftragten die Nachfolgestaaten Jugoslawiens jedoch einen Makler mit dem Verkauf der Immobilie.

Leider wurde das Gebäude Wochen nach unserem Besuch nach und nach immer mehr demoliert. Vandalen tobten sich dort aus und der Kronleuchter ging zu Bruch.

Quelle: Wikipedia

Frisch ↔ Lange Verlassen
Einmal kurz durchwischen ↔ Morbider Charme
Vandalismus ↔ Natürlicher Verfall
Leere Räume ↔ Viel zu entdecken
Schöne Weitwinkelmotive
Detailaufnahmen
Außenaufnahmen
Persönliche Wertung

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Roman Reed

Seit 2002 widmet er sich der urbanen Erkundung, indem er unbekannte Orte aufspürt, die oft im Verborgenen liegen, obwohl sie mitten unter uns sind. Seine Entdeckungen hält er fotografisch fest und bereichert sie in seinem Blog mit ausführlichen Recherchen und Texten. Neben seinem Interesse für das Urbexing engagiert er sich auch im Schreiben von Geschichten und Büchern sowie im detailreichen Modellbau.

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